Pst, Klappe halten!

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„Awwer saach nix“, sagt man in der Pfalz, wenn man geschwätzig und redselig über Privates anderer Leute spricht, dabei aber diskret bleiben will – das alles unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Edith Brünnlers neuestes Kurzgeschichtenband ist nach der ersten Geschichte benannt. Ihre schrägen Protagonisten zeigen und geben sich anders, als sie ses ind. Brünnler hält die Handlung nah an der Hauptfigur und somit auch daran, was sie wirklich denken.
Leere Worte und Halbwahrheiten, Täuschung, Verstellung und Lüge: Davon erzählen Brünnlers Geschichten. Und das alles auf Pfälzisch. Die schrille, exzentrische Hauptfigur lügt nicht nur aus Höflichkeit, sie glaubt sich gut darstellen zu müssen. Authentizität und Ehrlichkeit seien da fehl am Platz, glaubt sie. Mit der falschen. Ihre falsche Bescheidenheit führt sie nur selten ans Ziel.
Sie glaubt: „Isch wes alles“, wenn sie am Abend „Wer wird Millionär“ schaut. Manchmal gelingt es ihr sogar, sich selbst zu täuschen. Aber die Tatsachen sind oft unverkennbar. „Do is grad a Quiz geloffe. Ich hab drei Minudde noi gezeppt, no war scho alles klar. „Isch wääß, wer’s war!“ hawwisch gsaat. Ja? Die Marget hot mich ganz speddisch agegrinst. „Dann wääscht mehr wie die Bolizei. Des is Aktezeiche XY … ugelest.“ „Isch wer doch noch wisse, was ich wem verzählt hab“, heißt es in „Awwer saach nix“, als das Geheimnis über Karls neue, junge Freundin schon ausgeplaudert ist und sie es beim Bäcker wieder erzählt bekommt. Brünnlers Geschichten über Verstellungskünstler erzählen auch von dem Wunsch, etwas zu sein. Und man ist mehr, wenn man mehr hat, so glauben selbst die einfachen Leute.
Brünnler ist bekannt für ihre Kurzgeschichten, in „Awwer saach nix“ gelingt es ihr, ernste Themen leicht zu erzählen. Das Band enthält auch pfälzische Raps: Auch hier fängt Brünnler gesellschaftliche Trends ein, sei es das eilige, aber sinnentleere Weihnachten, das schon im September beginnt, die Digitalisierung durch Roboter wie Alexa.

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