Neuer Blick aufs alte Kaufhaus

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Traditionsunternehmen, Luxustempel, Ort gesellschaftlichen Lebens: Die SWR-Doku „Kaufhaus Engelhorn – ein Palast der Sinne“ zeigt das Kaufhaus wie es keiner kennt.

„Das Kaufhaus Engelhorn ist verwurzelt in der Region und ist aus Mannheim nicht wegzudenken“, sagte Filmautorin Andrea Trautvetter bei der Preview am Donnerstag im Cinemaxx-Kino Mannheim. Die Menschen in Mannheim verbinden mit einem der ältesten familiengeführten Unternehmen, das nicht nur wirtschaftlich der Region verbunden ist, weit mehr als nur einen Einkaufsbummel. Events etwa wie die traditionelle Schaufensterenthüllung zur Weihnachtszeit, die jedes Jahr zu einem Menschenauflauf führt. „Wir kennen die Region wie unsere Westentasche“, sagte Geschäftsführer Andreas Hilgenstock: „Eine Filiale in Mannheim oder München aufzumachen, wäre gekünstelt. Hier in der Region kennt uns jeder.“
Im Film ist das Kaufhaus Chronist der Geschichte der Menschen in Mannheim. Er hält die Handlung ganz nah an den Protagonisten, Stammkunden, Mitarbeitern und den Engelhorns selbst. Als Zeitzeugen erzählen sie, wie die 68-Bewegung in Mannheim das Kaufhaus sah und was ein Einkaufsbummel im Vorkriegsmannheim bedeutete. So werden die Sehnsüchte, Erwartungen und die Einstellungen der Menschen in Mannheim im Wandel der Trends, Nomen und wirtschaftlichen Veränderungen deutlich.
In den goldenen Zwanzigern ließ man sich mit einem Maurice die Ware nach Hause liefern. Heute sind Luxusmarken für Kunden aus jedem Milieu erschwinglich. Trotzdem behält sich Engelhorn vor, den Hauch eines Luxuskaufhauses zu haben. So zeigen sich die Brüder Engelhorn im Film bei der Organisation einer Gourmetparty in der Verkaufshalle. Der jüngste 2-Sterne-Koch Torsten Brandt ist Chef der fünf internen Restaurants.
Die Geschäftsidee von Kaufmann Georg Engelhorn und Schneider Adam Sturm bei der Gründung hält sich zum Teil bis heute. Sie wollten mit industriell gefertigter, hochwertiger Konfektionsware den handgefertigten Maßanzug verdrängen, heißt es im Film. Man setzt immer noch auf Qualität zu passablen Preisen sowie auf erstklassige Beratung, schließlich soll der Kunde ein passendes Produkt haben, an dem er lange hat. „Der Anzug ist seit jeher Erfolgsmodell“, sagt Verkäufer Dirk Fritz. Lieblingsstücke kauft man bei Engelhorn, sagte Trautvetter im Filmgespräch. „Normale Dinge des täglichen Lebens kann man überall kaufen. Die Herkunft ist den meisten dabei egal“, sagt Fabian Engelhorn im Interview mit dem SWR: „Das Kaufhaus soll ein Place to bei sein beim Einkauf in der Stadt, mit Events und Überraschungen für Kunden.“ Letztlich ist Engelhorn in der Dokus auch ein Ort, wo sich das gesellschaftliche, pralle Leben abspielt und Zeit bleibt zum Plaudern. Vieles hat sich auch verändert wie das Marketing, die Online-Werbung hat die Schaufensterreklame ersetzt. Die glückliche Ausstrahlung der Verkäufer, die sich durch eigene Interessen mit dem Angebot und ihrem Job identifizieren sind den Engelhorns immer noch wichtig. Der Film lebt auch von seinen außergewöhnlichen Protagonisten, den Mitarbeitern bei Engelhorn. Anekdoten vom Kundenkontakt erzählen über die Aussprache englischer Begriffe in deutscher Lesart, durchmischt mit Pfälzer Sound, die zu Missverständnissen führte.
Im Hier und Jetzt gedreht zeigt der Film vor allem, was Engelhorn heute ist. Er begleitet Mitarbeiter jeder Abteilung bei der Arbeit, lässt dem Hausdetektiv, dem Marketingchef und dem Hausmeister über die Schulter schauen. Einblicke in die komplexen Abläufe des Online-Handels und das Netzwerk zu Zulieferfirmen werden gegeben.
Die Doku konnte über nur aus Perspektive motivierter Mitarbeiter, treuer Kunden und der Engelhorns selbst erzählt werden, die wirklich Einblick geben. Deshalb sah man bei der Preview unter den Gästen, größtenteils Engelhorn-Mitarbeiter, nur glückliche Gesichter.

Die Doku wird am 16.12. um 20:15 Uhr ausgestrahlt.

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