Parteitag der Grünen in Berlin

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Den Grünen bleibt erspart, was die SPD gerade durchmacht
Das Jamaika-Aus bedeutet zumindest keine Richtungs- und Zielkonflikte in der Partei

„Ich bin sicher, dass wir am Ende des Tages vor einer großen Koalition stehen“, sagt Jürgen Trittin auf dem Parteitag der Grünen. Die Parteispitze versucht, das Positive am Jamaika-Aus zu sehen. So bleiben der Partei die unerwünschten Nebenwirkungen erspart, die das Koalieren mit zwei Parteien aus dem rechten Lager mit sich gebracht hätte. Um genau diese Folgen sorgen sich viele gerade in der SPD, wenn von einer Schwächung der Partei durch ihre Bewegung hin zur Mitte die Rede ist.

Die Partei verhandelte bei den Sondierungen mit dem Motto „Erst kommt das Land, dann die Partei“. Es besagt, dass die Partei von der Parteilinie wegrücken muss, wenn es darum geht, grüne Politikziele zu verhandeln und teilweise umzusetzen. Mögliche negative Folgen wie parteiinterne Richtungskonflikte hätte man dabei in Kauf genommen. Unter diesem Motto will sich die Partei auch weiterhin gesprächsbereit zeigen.

Die Vertreter der Basis geben sich nach außen geschlossen und forderten dazu auf, es zu bleiben. Beppo Brem spricht von einem „Geist der Geschlossenheit“, der in der Partei herrscht. Geschlossen sei man auch in die Verhandlungen gegangen. Katja Dörner vom Bundesvorstand spricht allerdings davon, dass „eine Koalition in der Konstellation ein Ritt auf der Rasierklinge“ gewesen wäre. In diesem Zusammenhang sagt Parteienforscher Niedermayer dem TV-Sender Phoenix, dass die Lagerbildung bei den Grünen sich zwar auflöse, sie für ihn aber noch erkennbar sei. Die Sondierungen wurden in beiden Lagern sehr unterschiedlich aufgenommen und bewertet.

In beiden Flügeln reagierte man anders auf die starken Kompromisse. Simone Peter vom linken Flügel berichtet, dass die Parteibasis nicht sicher war, dem Gesamtpaket zuzustimmen. Hofreiter bedankt sich für das Vertrauen bei den Parteifreunden, denen er, wie er wisse, mit seinen Kompromissvorschlägen viel zugemutet habe. „Auch den grünen Wählern wäre der Rechtsruck der Partei durch das Gesamtpaket schwierig zu erklären gewesen“, kommentiert Niedermayer. Koalieren ist der einzige Weg zum Kabinettstisch. Die meisten auf dem Parteitag glauben, dass die Grünen auch mit Vorbehalten einiger Parteikollegen diesen Weg gehen würden, wenn es darauf ankommt.

Die Grünen sehen SPD und CDU nach acht Jahren großer Koalition und ihrer Bewegung hin zur Mitte geschwächt. Das stärke die populistischen Ränder. Während der Sondierungen hatte das grüne Team noch verdrängen können, dass sie durchs Koalieren in der Parteibasis Richtungskonflikte erzeugen und Wähler verlieren könnten. Das bereitet der SPD-Basis derzeit Sorgen. Die Jusos haben sich gestern klar gegen das Bündnis ausgesprochen. Schulz war skeptisch und zögerlich, die Gespräche aufzunehmen. Die Empörung über das Jamaika-Aus ist groß, aber man freut sich jetzt, zumindest von solchen negativen Nebenwirkungen verschont geblieben zu sein.

Die Grünen bemühen sich ums Mitregieren und setzen alles daran, sich moderater aufzustellen. In Baden-Württemberg sind sie bereits liberaler aufgestellt als die SPD, haben diese in der Wirtschafts- und Finanzpolitik rechts überholt. In der Partei versucht man optimistisch zu bleiben. Wenn andere Parteien nicht gleich auf Annäherungsversuche reagieren, bleiben ihnen zumindest die Konsequenzen erspart, mit denen sich die SPD derzeit konfrontiert sieht.

Sondierungsteam schimpft auf die FDP und will in der Opposition Position vertreten

Die Sondierungsgruppe sah in der FDP den schwierigeren Verhandlungspartner, mit dem man sich harte Auseinandersetzungen lieferte. Mit der Union wäre man zusammen gekommen. Die FDP habe Zicken gemacht und sich abrupt mit „Mi Mi Me“ verabschiedet. Strategisch geplant habe sie ihren Abgang, wofür einiges spreche. Dafür erklären die Delegierten sie heute zum Hauptgegner im Parteienspektrum. Hofreiter beschrieb die neu aufgestellte FDP als Partei mit nationalliberalen bis rechtspopulistischen Tendenzen in der Europa- und Zuwanderungspolitik.

Trotz allem feiern sich die Grünen. Sie sehen sich derzeit noch als einzige progressive, soziale Partei mit ernsthaftem und hinreichendem Willen, den Klimawandel aufzuhalten. Mit einer klaren Kurs und guten Argumenten könne man auch in der Opposition Druck ausüben, damit die Gesellschaft nicht weiter nach rechts rückt. Denn dem Rechtsruck des Parteiensystems müsse man etwas entgegen setzen. Dem Druck der Rechtspopulisten in Sachen Zuwanderung, geben sie jedenfalls nicht nach.

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