Stadt und BASF dachten nach 70 Jahren an Inferno zurück

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Jutta Steinruck und Vorstandchef Martin Brudermüller legten beim BASF-Ehrenfeld Kränze nieder

70 Jahre nach einer der größten Industriekatastrophen der Geschichte im Oppauer BASF-Chemiewerk gedachten die Stadt Ludwigshafen und die BASF gestern den Opfern. Bei der gewaltigen Gasexplosion am 28.07.1948 starben 207 Menschen. 3618 Menschen wurden verletzt, 500 davon schwer.
20 Tonnen Dimethylether traten um 15.45 Uhr durch eine kleine Explosion in einem Kessel aus. Das Gas stieß eine Reihe von zusammenhängenden Explosionen in der Anilin- und Sodafabrik aus, wie dem Landesarchiv zu entnehmen ist. Die gewaltige Explosion ließ in vielen Orten Rheinhessens Scheunentore aus den Angeln fliegen, die Erde bebte. Gasdämpfe lagerten sich über ganz Ludwigshafen ab, so dass die Autos am Tag mit Licht fuhren. Mit rasender Geschwindigkeit breiteten sich die Explosionen und Brandherde über weitere Bereiche des Werkes aus und hielten bis Mitternacht an.

„Zum Zeitpunkt der Explosion in der Sodafabrik war ich mit Kollegen beim Willersinnweiher“, erzählt der damals 14jährige Augenzeuge Roland Koch, der später als Arbeitnehmervertreter in den Aufsichts- und Betriebsrat befördert wurde: „Als wir in die Stadt fuhren, sahen wir stehende kaputte Straßenbahnen. Die Fensterscheiben in der Arbeitersiedlung Hemshof waren zerbrochen. Auf dem Werksgelände zeigte sich das ganze Ausmaß der Explosion: Krankenschwestern versorgten die Verletzten, Frauen schrien. Die eindrucksvollsten Bilder lieferten die Pioniereinheiten von Amerikanern, die hart arbeiteten und Menschen aus den Trümmern trugen. Ich erinnere mich noch genau an eine Frau auf einem Laster: Sag meinen Eltern, ich lebe noch. Ich gehe jetzt ins Krankenhaus, rief sie einer Kollegin zu.“

Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck sagte bei der Gedenkfeier Folgendes zur geschichtlichen Bedeutung des Unglücks für Ludwigshafen: Der Unfall unterbrach den Wiederaufbau der Stadt drei Jahre nach Kriegsende. Die D-Mark war im Juni als vertrauenerweckende, stabile Währung eingeführt worden, die Ernährung gesichert und die Regale in den Läden wieder voll. Die Explosionen ließ Fensterscheiben in weitem Umkreis zerbrechen und hinterließ Schäden an Häusern in angrenzenden Stadtteilen. Wie nach dem Krieg rückte die Stadtgesellschaft eng zusammen. Freiwillige Helfer begaben sich mit Schaufeln aufs Werksgelände und leisteten erste Hilfe, bevor die Kolonne von Verletzten sich zum Klinikum begab und laut Zeitzeugen eine blutige Spur nach sich zog. Französische Schwestern gaben Medizin aus und die Amerikanische Besatzungsbehörde beorderte medizinische Geräte und Soldaten zum Unfallort, die bis zur psychischen Erschöpfung halfen.
Der Unfall sei das dritte und schwerste Explosionsunglück seit 1921 gewesen, berichtete Vorstandschef Martin Brudermüller. Dieser und jeder andere Unfall, der sich ereignet habe, sei eine Mahnung gewesen, dass in der Chemie mit äußerster Vorsicht zu arbeiten sei. Die BASF entwickle die Sicherheitsstandards ständig weiter, woran auch Sicherheitskräfte und die Werksfeuerwehr beteiligt seien. „Als Führungskräfte sind wir in der Pflicht, Sicherheit zu gewährleisten. Wir müssen sensibel und wachsam bleiben für besondere Situationen“, sagte Brudermüller.

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